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Lothar Lambert

 

Ein Schuß Sehnsucht – Sein Kampf  

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

Eine Tafel mit dem Titel „Ein Schuß Sehnsucht“. Ohne Ton sieht man Panzer und Kinder, offenbar bei einem Tag der offenen Tür der US-Streitkräfte. Demonstranten mit einem Transparent „Besatzer raus aus Westberlin“. Zu Schwarzfilm wird die Liste von Stab und Darstellern verlesen. Ein Polizist hält seine Filmkamera in Richtung des Zuschauers. Eine weitere Demonstration. Titelseite der „Bild“-Zeitung vom 16. (?) März 1969: „Unsere Kripo ist verbittert: Schützt euch selbst! Kauft euch Waffen! – Kapituliert die Polizei vor den Verbrechern?“ Linke Demonstration auf Berlins Kurfürstendamm. Handgeschriebener Titel „Sein Kampf“. Ein Mann, Jürgen, sitzt auf der Toilette und kämmt sich. Aus dem Off berichtet er empört darüber, daß er auf Geheiß seines Vorgesetzten ungerechtfertigte Steuererleichterungen für einen Senator absegnen soll. Vor dem Spiegel bindet sich Jürgen seine Krawatte. Dann steht er mit Aktenkoffer und im Anzug an einer Bushaltestelle und fährt zur Arbeit. Jürgen und eine Frau nebeneinander im Büro, sie raucht und läßt sich Kaffee einschenken. Beide unterhalten sich über Urlaubspläne: Er will sich nach seiner Mutter richten, wieder einmal; die Kollegin zweifelt, ob das so klug ist. Jürgen, nun in legererer Kleidung, mit seiner Freundin in einem Straßencafé am Kurfürstendamm (im Hintergrund ist das Kino Bio zu sehen, welches sich Kurfürstendamm 25 befand). Sie würde gern Kuchen essen, denkt aber noch lieber an ihre Figur. Er: „Mir gefällst du, wenn du ein bißchen dicker bist.“ Sie: „Soll ich vielleicht ins Büro gehen wie du?“ Er fände das „wenigstens was Solides“, sie findet es „zu stupid“. Statt dessen ist sie am Theater. Er kündigt einen nahenden Karrieresprung an. Beide beobachten eine Demonstration von Polizisten, Transparent: „Wir trauern um unsere erschossenen Kollegen“. Sie: „Na endlich demonstrieren mal die Richtigen!“ Er widerspricht heftig. Jürgen, der in der Badewanne sitzt, wäscht seine Mutter den Rücken. Er will das nicht mehr. Auch hier kommt es zum Streit. Die Mutter zeigt sich enttäuscht, läßt sich aber aus dem Badezimmer werfen. Dann sieht man beide auf dem Weg in die Deutsche Oper. Im Finanzamt mokiert sich ein Kollege über Jürgen. Es brennt schon wieder eine Zigarette. Jürgen auf der Toilette des Amts. Aus dem Off erzählt er, daß er wider Erwarten nicht befördert, sondern „ein Studierter aus „Westdeutschland“ auf den Posten gesetzt wird. „Ich kann doch keinem jetzt mehr in die Augen sehen.“ Großaufnahme. Jürgen rennt aus dem Amtsgebäude (es ist das Finanzamt Steglitz), kommt nach Hause, überrascht seine Mutter im Unterrock mit einem Fremden. Jürgen: „Scheiße, Mutti!“ Dann sieht man ihn in einem Park. Daheim weckt die Mutter ihren Sohn, der „vorläufig“ nicht „zum Dienst“ gehen will. Sie beharrt darauf, daß er es tut, der Chef wäre begeistert über ihn: In sechs Jahren sei er kein einziges Mal zu spät gekommen. Jürgens Antwort: „Der Scheißer, dem wisch ich noch mal eins aus!“ Er liest die Boulevardzeitung „BZ“. Jugendphotos. Aus dem Off: „Ich hab oft das Gefühl, daß ich noch nicht angefangen habe zu leben. Mit achtzehn hat man ja alle Chancen. Aber ich war wohl zu dumm, um sie zu sehen. Vielleicht auch zu verklemmt, um sie zu nutzen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät jetzt.“ Auf dem Parkplatz hinter dem Finanzamt zersticht er die Reifen eines Wagens. Mit seiner Freundin im Schloß Charlottenburg, sie streiten sich schon wieder. Sie ist genervt und gelangweilt, offenkundig enttäuscht, daß mit seinem Posten eine sichere Geldquelle verloren gegangen ist. Er geniert sich mit ihr angesichts ihres kurzen Kleidchens. Sie beschimpft ihn als Trottel und Spießer, er habe keinen „Pep“. – „Impotentes Schwein.“ – „Nutte!“ Er läuft ihr nach. Mit der Mutter am Hermann-Ehlers-Platz, auf dem Wochenmarkt, halb unter der Stadtautobahn (der Steglitzer Kreisel ist noch im Bau, zum Abriß bestimmte Flachbauten stehen noch). Die Mutter jammert mit einer Bekannten über die „Jugend von heute“, angeblich explodierende (Gewalt-) Kriminalität, ihren Sohn, der daneben steht und daraufhin geht. In einer Wohnung unterhält er sich mit einer derben Dame, die ihn erst darüber aufklärt, daß seine (Ex-) Freundin sich auch noch anderweitig vergnügt, und dann dazu ansetzt, ihm ihre Homosexualität zu offenbaren. Die Darstellerin bricht die Szene ab („Mach weg, du! Is Scheiße!“). Jürgen auf einem See im Schlauchboot. Am Ufer seine Ex, will baden gehen, sieht ihn, verschwindet. Eine Hand greift nach einer Türklinke, dreht den Schlüssel um. Im Unterhemd tanzt Jürgen, greift sich zwischen die Beine, befriedigt sich schließlich selbst. Vor dem Hauptgebäude der Technischen Universität schaut er sich ein Auto an. Beim Gespräch mit dessen Verkäuferin in ihrer Wohnung wird diese zudringlich. Es wäre sein erstes Auto, ist ihm eigentlich zu teuer, aber offenbar erwirbt er es doch, denn es folgt eine Fahrt, aus dem Inneren eines Wagen heraus aufgenommen: Ernst-Reuter-Platz und Stadtautobahnring. In einer Universitätsmensa redet ein anderer Mann auf Jürgen ein: „Ich suche so Typen wie dich, die nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen.“ Zwecks Verstärkung der linken Bewegung. Der Fremde, ein beurlaubter Studienrat, ist offenbar ein Schwätzer und Wichtigtuer. „Bist du politisch? Da sagst du einfach Nee. (…) Lieber fünfzig Leute wie Baader-Meinhof als einer, der sagt, er ist nicht engagiert.“ In diese Sequenz einmontiert sind Aufnahmen von einem großen Propagandatransparent am TU-Hauptgebäude und kollektivem Fäusteballen davor. Eine private Party, es wird getrommelt, Langhaarige tanzen. Streitgespräch zwischen dem Studienrat und einem tuntigen jungen Mann zur Frage: „Bist du schwul oder politisch?“ Jürgen kommt im Anzug, mit Blumen. Ein Pianist singt und spielt, anschließend versucht sich mit ihm ein Gast radebrechend auf englisch zu unterhalten. Noch mal Trommeln und Langhaarige, die Musik läuft auch zu Bildern aus der guten Stube von Mutti. Offenbar hat sie eine Auseinandersetzung mit ihrem Sohn, sie schüttelt immer den Kopf. Ein tuntiger Mann präsentiert ein möbliertes Zimmer, das er künftig nicht mehr an ältere Leute vermieten will: „Die alte Dame kommt jetzt ins Irrenhaus.“ Jürgen hört man dazu nur aus dem Off. Dann sieht man ihn an einem Nacktbadestrand. Er will sich ganz ausziehen, traut sich dann doch nicht. Fromme Gesänge dazu. Ein Flugzettel an einer Laterne ruft zum Protest gegen die USA auf: „Vietnamisiert das Deutsch-amerikanische Volksfest“. Einige Zentimeter höher ein kleiner Aufkleber „Victory over communism“. Schwenk über ein Orchester, dazu hört man eine Mischung aus Zoo-Geräuschen und schrillem Gelächter. US-Militärpolizisten. Jürgen, offenbar auf dem Volksfest. Aus dem Off erzählt er von einem Kindheitserlebnis mit seiner Mutter in der Geisterbahn. US-Militärparade auf dem Platz des 4. Juli. Teils aus dem Off ist der Streit zwischen Jürgen und einem Freund zu hören, der ihn auffordert, an Mutter, Beruf, Zukunft, Verantwortung zu denken. Jürgen teilt ihm mit, daß er nicht mehr zu solchen Veranstaltungen gehen will. Linke Demo, von Jürgen, jetzt im Unterhemd und mit längeren Haaren, beobachtet. Aus dem Off: „Es fiel mir nicht leicht, den entscheidenden Schritt zu tun und in der Reihe der Demonstranten mitzulaufen. Und das, obwohl ich mit der Sache, um die es ging, durchaus einverstanden war. In unserer Familie hat man sich immer aus allem heraus gehalten.“ In einem Zimmer streiten Jürgen und der Studienrat über ihr jeweiliges Engagement. Der Studienrat findet, Jürgen sollte in eine Kommune ziehen. Er selbst habe das nicht mehr nötig. Zudem brauche Jürgen „was zum Ficken“. Dieser will politisch aktiv werden, und zwar sofort. „Die Baader-Meinhof haben ja auch was gemacht.“ Sein Gesprächspartner ist dagegen, Jürgen geht schließlich frustriert fort. Der tuntige Zimmerwirt geht mit einem Kaffeetablett zu Jürgen, der lesend auf der Couch liegt. Als der Vermieter sieht, daß es um „Probleme des Klassenkampfs“ geht, entbrennt rasch ein Streit. Jürgen: „So ’ne Typen wie Sie, die nur auf ihrem dicken Hintern sitzen und von ihrer Wuchermiete leben...“ Der Wirt: „Jetzt hört sich aber alles auf. Warum wohnen Sie dann nicht in der Ostzone? Da gehörten Sie doch eher hin mit solchen Ansichten!“ Ein Trümmerberg (vermutlich Produkt der seinerzeit auf Hochtouren laufenden Kahlschlagsanierung). Kinder spielen. Jürgen erinnert sich an seine Kindheit. Seine Mutter und sein Vermieter sitzen gemeinsam auf dem Sofa und knabbern Salzstangen, stoßen miteinander an, dazu rattert die Kamera. Endlich beginnt der Dialog. Der Wirt gibt sich besorgt: Über Jürgens Umgang, merkwürdige Besuche, politische Vorgänge, Selbstgespräche. Zwischenschnitt: Jürgen deklamiert in seinem Zimmer neben einem Angela-Davis-Poster und vor einem Spiegel irgendwelche Pamphlete. Der Wirt: „Und er hat auch Flugblätter.“ Er berät mit der Mutter, wie man Jürgen wieder auf die rechte Bahn zurückbugsieren könnte. Dieser unter der Hochbahn in der Skalitzer Straße, dazu Trommeln. In einem Zimmer wird heftig darüber diskutiert, was zu tun ist, wenn die Revolution kommt, insbesondere über die Frage der Bewaffnung. Der Studienrat ist davon begeistert, zumal „es bald bei uns so aussehen wird wie in Nordirland“. Auf der Straße uriniert ein junger Mann gegen einen Baum. Jürgen im Bahnhof Zoo. Der Straßenpinkler geht an ihm vorbei, dann sieht man ihn in der rückwärtigen Jebensstraße. Jürgen kommt vorbei. Der Pinkler fragt ihn, ob er Lust habe, Sex zu machen. Jürgen will eine Waffe. Mit selbiger steht er auf dem – noch kaum bewachsenen – Teufelsberg, probiert sie aus, zielt mit ihr auf die Stadt. Das Hochhaus des Axel-Springer-Verlags bei Nacht. Jürgen läuft dort herum, erzählt aus dem Off, daß er immer die (dort erscheinende) „BZ“ gelesen, alles geglaubt habe und sich bis heute der Zeitung nicht richtig entziehen könne, wofür er sich hasse. Er wirft Steine (was man mehr hört als sieht). Bei Tag demonstriert er allein vor dem Amerika-Haus. Die Polizei führt ihn ab. Der Wirt holt in Jürgens Zimmer aus einem Versteck im Bücherregal (an diesem hängt das Plakat von „Ex und hopp“) die Waffe. Jürgen kommt herein und es zu einem unvermittelten Schnitt auf einen Kampf zwischen beiden. Der Wirt: „Das sag ich der Polizei.“ Jürgen: „Ich schieße.“ Statt dessen geht er. Rotlichtlokale bei Nacht, Jürgen auf der Straße, dann in einem Animierlokal. Er bedroht den Barkeeper mit der Waffe, verübt offenbar einen Raubüberfall. Stumm: Otto Schily (damals links und ein prominenter Anwalt) auf dem Weg in ein Gerichtsgebäude, von Journalisten umringt. Schwenk über die teilweise verbarrikadierte Fassade. Jürgen redet aus dem Off über die „vom System gekauften Psychologen“ und: „Aus dem Mahler-Prozeß sollte man lernen, daß Terror den edlen Zielen der Revolution nicht schadet.“ Er windet sich auf einer Liege. Im kleinen Sympathisantenkreise werden Filmaufnahmen vorgeführt, die heimlich in einem Obdachlosenwohnheim in Neukölln gemacht wurden, und von einer Demonstration, bei der ein Gewaltausbruch anscheinend unmittelbar bevorsteht. Die Polizisten sind relativ ungeschützt, Demonstranten mit Holzlatten bewaffnet. Der Studienrat erläutert, daß sie in München während der Olympischen Spiele entstanden seien: „Die Polizei hatte die Innenstadt gesperrt. Das konnten wir uns natürlich nicht gefallen lassen.“ Eine langhaarige, bebrillte Stiefelträgerin begrabbelt Jürgen, der unter den Zuschauern ist. Beide verschwinden in einem Nebenraum. Sie zieht sich vor ihm aus. Er bricht das Tête-à-tête ab. Sie setzt ihre Brille wieder auf, zieht ihren BH aus, rennt raus und weint sich bei dem tuntigen jungen Mann, mit dem der Studienrat über die Frage „Schwul oder politisch?“ gestritten hatte, aus: „Immer dasselbe: Die Männer fühlen sich sofort am Schwanz bedroht.“ Der Mann kann das nicht verstehen: Er habe unzählige Schwänze gehabt und tote wieder zum Leben erweckt. Der Turm des Rathauses Schöneberg (damals Sitz des Regierenden Bürgermeisters und des Abgeordnetenhauses). Eine Litfaßsäule mit einem Plakat der (bei Springer erscheinenden) „Berliner Morgenpost“, auf dem eine schwarze Gestalt mit einer Pistole auf den Betrachter zielt: „Es geht um deine Sicherheit. Eine Serie zu unserem Schutz.“ Darunter wirbt der Reichsbund für „Humane Umwelt – mehr Menschlichkeit“. Jürgen steht, mit Sonnenbrille, neben der Litfaßsäule. Senatskarossen. Ein Mann kommt aus dem Rathaus. Jürgen schießt. Die Kamera zoomt auf das Straßenschild „John-F.-Kennedy-Platz“, fährt zurück und schwenkt aufs Rathaus. Dazu hört man das Läuten der Freiheitsglocke und das mit dieser verbundene Gelöbnis.